Es gilt das gesprochene Wort.
Es ist sinnbildlich und wegweisend, den Jugendpreis heute an diesem historischen Ort zu verleihen. Denn der Westfälische Friede von 1648 stand für eine neue Hoffnung und Aufbruch. Hoffnung und Aufbruch verkörpern auch die jungen Menschen, die heute zwischen Deutschland und Polen - auch der Ukraine und anderen Ländern - Freundschaften knüpfen. Während wir einen Friedenspreis verleihen, tobt seit dem 24. Februar 2022 ein Krieg in Europa. Manche fragen sich heute: Funktioniert Völkerverständigung überhaupt noch?
Ja. Jetzt erst recht. Ich habe vor kurzem Polen und die Ukraine besucht. Und in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz Jugendliche aus Deutschland und Österreich getroffen. Sie engagieren sich dort an der Internationalen Begegnungsstätte. Ich war auch in der Ukraine, in Lwiw. Dort habe ich ein Jugendzentrum besucht. Und war tief beeindruckt von den Jugendlichen, die ich getroffen habe. Von ihrem Durchhaltewillen und ihrem Mut. Es rührt mich, dass Lwiw 2025 europäische Jugendhauptstadt ist! Inmitten des Krieges im eigenen Land macht die Stadt damit ihren jungen Bewohnerinnen und Bewohnern Mut - knüpft engere Bande ins restliche Europa.
Ich freue mich, heute junge Menschen aus Lwiw begrüßen zu können, die gemeinsam mit Jugendlichen aus Deutschland und Polen den Preis entgegennehmen. Das ist ihre - unsere - klare Botschaft: Völkerverständigung funktioniert! Bei der Völkerverständigung geht es um so viel mehr als Regierungsbesuche: Es geht um länderübergreifende Jugendarbeit. Um Städte- und Kommunalpartnerschaften. Um kulturelle Zusammenarbeit. Es geht um Menschen! Sie einander näher zu bringen. Wenn wir uns manchmal sorgen, ob unsere Demokratien tatsächlich robust sind: Dann müssen wir uns vornehmen, genau diese Begegnungen, diese Freundschaften über Grenzen hinweg stark zu halten.
Wir - Frankreich, Polen und Deutschland - sind froh und dankbar, im "Weimarer Dreieck" seit 33 Jahren daran zu arbeiten, das erweiterte Europa neu zu gestalten. Wir - das sind die Regierungen, die Parlamente und die Zivilgesellschaft. Dabei sind Jugendbegegnungen so wichtig! In diesem Geiste haben die deutsche und polnische Regierung 1991 das Deutsch-Polnische Jugendwerk gegründet.
Mehr als drei Millionen Jugendliche haben seit 1993 an etwa 80.000 Projekten des Deutsch-Polnischen Jugendwerks teilgenommen. Das bedeutet: Millionen junger Menschen haben voneinander gelernt, Freundschaften geschlossen, Gemeinsamkeiten entdeckt. Seit mehr als zehn Jahren organisiert das Deutsch-Polnische Jugendwerk auch ukrainisch-polnisch-deutsche Jugendbegegnungen: Junge Ukrainern und Ukrainerinnen können in Polen und in Deutschland beim Theaterspielen in andere Rollen schlüpfen. Beim Musizieren Zwischentöne wahrnehmen, die zu Harmonien werden. Beim Gärtenanlegen etwas schaffen, das bleibt - und wächst. Den Krieg kurz beiseiteschieben.
Sehr geehrte Frau Bochwic-Ivanovska, sehr geehrter Herr Erb, mit dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk macht Ihr Team junge Menschen neugierig aufeinander. Dank Ihrer Arbeit fühlen junge Menschen mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn. Respektieren sie. Das Jugendwerk schafft Zuversicht in unsicheren Zeiten! Hoffnung und Aufbruchstimmung - wie sie auch der Westfälische Friede mit sich brachte. Das brauchen wir auch heute. Liebe Mariana, Anna, Karolina, Olena, Oleksandra, Dariia und lieber Niklas! Ihr nehmt an einem polnisch-ukrainisch-deutschen Theaterprojekt teil - und heute den Preis entgegen. Herzlich willkommen! Auch Ihr seid die Zukunft Europas. Denn gemeinsam etwas zu gestalten - zugewandt und voller Freude: Nichts kann die europäische Idee besser zur Geltung bringen! Als Bundesjugendministerin gratuliere ich dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk und Euch von Herzen!