Mit dem Gesetz soll die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und ihren Familien deutlich verbessert werden.
Bisher ist die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII nur für Leistungen der Eingliederungshilfe für rund 140.000 Kinder und Jugendliche mit einer seelischen Behinderung zuständig. Etwa 300.000 Kinder und Jugendliche mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung sind dem Träger der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX zugewiesen.
Mit der Übernahme der Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen durch die Kinder- und Jugendhilfe werden Schwierigkeiten bei der Zuständigkeitsbestimmung für Leistungen der Eingliederungshilfe - etwa bei Mehrfachbehinderungen oder der Abgrenzung von seelischen und geistigen Behinderungen - endgültig überwunden.
Die Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe im Gesetz beschränkt sich aber nicht auf eine reine Zuständigkeitsverschiebung. Die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe ermöglicht, dass Kinder und Jugendliche künftig ganzheitlich individuell gefördert werden. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind keine "kleinen Erwachsenen" mit Behinderungen. Wie alle Kinder und Jugendlichen befinden auch sie sich in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Ihre Lebenssituation wird maßgeblich von der Beziehung zu ihrer Familie bzw. ihrem sozialen Umfeld geprägt. Die Aspekte der Entwicklung, Erziehung und Teilhabe sind für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen gleichermaßen von Bedeutung und bedingen sich im Hinblick auf ein ihrem Wohl entsprechendes Aufwachsen gegenseitig. Mit der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe, wie sie das Gesetz vorsieht, können erzieherische und teilhaberelevante Aspekte der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen gemeinsam in den Blick genommen werden.
Dabei ist die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe im Gesetz so ausgestaltet, dass ihre Umsetzung die Praxis nicht überfordert - vor allem durch klare, gut handhabbare Regelungen.
Der Gesetzentwurf basiert auf Ergebnissen des Beteiligungsprozesses "Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe!", den das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Juni 2022 bis Dezember 2023 durchgeführt hat. Dabei haben zusammengenommen über 4000 Beteiligte - Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, der Länder und des Bundes, aus Fachverbänden und Selbstvertretungsorganisationen, aus Wissenschaft und Forschung sowie nicht zuletzt Expertinnen und Experten in eigener Sache, also junge Menschen mit und ohne Behinderungen und Eltern aus der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe - Gestaltungsoptionen einer Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe diskutiert."