Familien mit eigener Migrationserfahrung oder familiärer Einwanderungsgeschichte machen einen erheblichen Teil der 5,5 Millionen Familien in Deutschland aus. In 27 Prozent der Familien sind beide Elternteile im Ausland geboren, in weiteren 16 Prozent ein Elternteil. Die Förderung ihrer Integration, Teilhabe und Chancengleichheit ist ein Anliegen des Bundesfamilienministeriums. Durch Modellprogramme und -projekte werden Impulse für gesellschaftliche Innovationen für eine höhere Erwerbsbeteiligung, bessere Bildung in der frühen Kindheit, Fachkräftegewinnung und Interessenvertretung von Eltern mit Einwanderungsgeschichte gesetzt.
Drei Factsheets bündeln das empirische Wissen über eingewanderte Familien. Sie geben einen Überblick über ihre Familiensituation, die Herkunft, die Bildungsteilhabe, die wirtschaftliche Situation, die Integration in den Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Teilhabe.
Elternbegleitung unterstützt Familien
Kinder, die mit ihren Eltern neu nach Deutschland zugewandert sind, profitieren besonders von einer gezielten Bildungsbegleitung und Unterstützung im Alltag. Das Bundesfamilienministerium qualifiziert (früh-)pädagogische Fachkräfte für den Dialog mit Eltern in besonderen Lebenslagen.
Deutschlandweit gibt es rund 15.000 qualifizierte Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter. Ob in der Familienbildungsstätte, in der KiTa, in der Schule oder im Jugendamt: Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter hören zu, bauen Brücken und helfen dort, wo Unterstützung im Familienalltag gebraucht wird. So sorgen sie dafür, dass auch Kinder mit schwierigen Startbedingungen Chancen erhalten. Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Familien und Bildungsinstitutionen und beraten zu Bildungsmöglichkeiten und Bildungswegen der Kinder.
Mit dem Europäischen Sozialfonds Plus-Programm "ElternChanceN - Mit Elternbegleitung Familien stärken" wird Elternbegleitung an 64 Modellstandorten umgesetzt. Von 2022 bis 2028 werden bundesweit lokale Netzwerke der Elternbegleitung mit 45 Millionen Euro aus ESF- und Bundesmitteln gefördert. Im Sinne einer präventiv wirkenden Elternbegleitung entstehen Kooperationen und Unterstützungsnetzwerke für Familien im Sozialraum. Unter Einbezug von qualifizierten Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern werden niedrigschwellige Beratungs- und Begleitungsangebote für Familien in besonderen Lebenslagen entwickelt und durchgeführt.
Eine zentrale Zielgruppe sind dabei Familien mit Migrations- oder Fluchthintergrund. Mehr als 50 Prozent der Angebote richten sich explizit an diese Familien. Durch niedrigschwellige Angebote wie das mobile Familien-Café oder das Familienfrühstück an der nahegelegenen KiTa erhalten Familien mit Migrations- oder Fluchthintergrund konkrete Hilfestellung beim Ankommen in Deutschland, beim Eintritt der Kinder in eine Kindertageseinrichtung, beim Erwerb von Deutschkenntnissen, bei der Information über das Schulsystem und bei der Begleitung zu Behörden und Bildungseinrichtungen.
Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter unterstützen somit Familien beim Einstieg in die (früh-)kindlichen und primären Bildungsinstitutionen und stellen durch ihre Angebote gleichzeitig Kontakte zu anderen Familien her. Soziale Teilhabe und der erfolgreiche Start in Deutschland sind wichtige Gelingensfaktoren für die gesellschaftliche Integration von Familien in Deutschland.
Erwerbstätigkeit stärkt ökonomische Eigenständigkeit
Die im Vergleich zu in Deutschland aufgewachsenen Müttern geringeren Erwerbstätigenquoten von eingewanderten Müttern führen zu einer höheren Abhängigkeit vom Partnereinkommen und von staatlichen Transferleistungen. Erwerbstätigkeit und eine weitgehende gesellschaftliche Integration von Müttern aus Zuwanderungsfamilien wirken sich jedoch positiv auf die Integration der gesamten Familie aus - auf ihre wirtschaftliche Stabilität durch zwei Einkommen, auf die ökonomische Eigenständigkeit der Frauen und auf die Zukunftsplanung der Kinder.
Mit dem ESF-Bundesprogramm "Stark im Beruf - Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein" hat das Bundesfamilienministerium in den Jahren 2015 bis 2022 zugewanderten Müttern den Einstieg in den Beruf erleichtert. Ein Fokus lag dabei auf Müttern im Leistungsbezug. Es wurden Instrumente für Träger, Jobcenter und Arbeitsagenturen erprobt, um die Erwerbsorientierung der Mütter und die Integration in den Arbeitsmarkt durch individuelle Begleitung und Kurse zu fördern. Die Teilnehmerinnen erhielten Beratungs- und Informationsangebote zu allen arbeitsmarktrelevanten Fragen, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Begleitung des (Wieder-)Einstiegs - von der Berufsorientierung über die Aufnahme eines Praktikums oder einer Ausbildung bis hin zur ersten Phase der Beschäftigung. Das Bundesarbeitsministerium greift im ESF Plus-Programm "MY TURN (2022-2028)" die Erkenntnisse aus "Stark im Beruf" in seiner Trägerförderung auf und führt sie weiter.
Fachkräftepotenzial eingewanderter Mütter
Das Erwerbspotenzial im Familiennachzug ist hoch. Für den Arbeits- und Fachkräftebedarf können bereits hier lebende und mitreisende Partnerinnen und Partner aktiviert werden. Der partnerschaftliche Familiennachzug ist dabei das zweithäufigste Motiv für den Zuzug nach Deutschland. Gerade die Partnerinnen, die mit den Fachkräften nach Deutschland kommen wollen, sind fast genauso qualifiziert und erfahren wie die Fachkräfte selbst. Die Erwerbstätigenquote der Partnerinnen ist jedoch vergleichsweise niedrig. Die Erwerbstätigkeit und die Integration der engen Familie wirken sich positiv auf die Bleibewahrscheinlichkeit von Arbeits- und Fachkräften aus.
Das Bundesfamilienministerium kooperiert für das ESF Plus-Programms "Integrationskurs mit Kind Plus: Perspektive durch Qualifizierung" des Bundesfamilienministeriums mit dem Bundesinnenministerium. Integrationskursträger können während eines Integrationskurses eine Kinderbeaufsichtigung anbieten, sofern im Regelsystem der Kinderbetreuung nicht ausreichend Plätze zur Verfügung stehen. So wird Eltern die Teilnahme an einem Integrationskurs ermöglicht und ihre Integration gefördert, wenn noch keine reguläre Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen werden kann und die zu beaufsichtigenden Kinder noch nicht schulpflichtig sind.
Damit wird nicht nur der Übergang der Kinder und Familien in ein reguläres Angebot der Kindertagesbetreuung im frühkindlichen Bildungssystem vorbereitet. Insbesondere können über diese Angebote interessierte Personen, zum Beispiel Absolventinnen und Absolventen der Integrationskurse, gewonnen werden, die sich im Rahmen des Programms fortbilden - unter anderem zum Umgang mit Kindern mit Fluchterfahrung oder Sprachenvielfalt - und für eine Tätigkeit in der Kindertagespflege qualifizieren. Damit schafft das Programm die Grundlage für eine spätere Tätigkeit in der Kindertagespflege und gewinnt so potenzielle Fachkräfte. Das ESF Plus-Programm hat eine Laufzeit vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026.