Schwangerschaftskonfliktgesetz FAQ: Verbot von Gehsteigbelästigungen gegenüber Schwangeren

Die neuen Regelungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes verbieten bestimmte Einwirkungen auf Schwangere - sogenannte Gehsteigbelästigungen - vor Beratungsstellen und medizinischen Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können gegen Personen vorgehen, die gegen diese Regeln verstoßen und die Belästigungen untersagen. Bei einem Verstoß ist ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro möglich. Die Regelungen gelten in allen Bundesländern.

Hier finden Sie häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQs) zum Gesetz. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die FAQs ausschließlich als nicht rechtsverbindliche allgemeine Hinweise zu verstehen sind. Für die Durchsetzung der Verbote sind die Länder zuständig.
 

1. Warum gibt es das Verbot von Gehsteigbelästigungen?

Anlass für die Gesetzesänderung war, dass es vor Beratungsstellen immer wieder Aktionen von Abtreibungsgegnerinnen und -gegnern gibt, bei denen direkt auf Schwangere eingewirkt wird.

Das Ziel des Verbots ist es, die Rechte von Schwangeren zu schützen. Sie dürfen in der Nähe von Beratungsstellen oder medizinischen Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, nicht bedrängt, eingeschüchtert oder am Betreten beziehungsweise bei Beratungsstellen auch am Verlassen behindert werden. Denn nach dem Gesetz sind Schwangere vor einem Schwangerschaftsabbruch verpflichtet, eine Beratung wahrzunehmen. Der Staat hat dies sicherzustellen. Zudem ist es das Recht jeder Schwangeren, sich zu informieren und die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch selbstbestimmt zu treffen. Deshalb müssen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Beratungsstellen, Arztpraxen und Krankenhäusern ihre Arbeit ungestört ausüben können.

Zugleich müssen auch die Rechte derjenigen beachtet werden, die zum Beispiel ihre ablehnende Meinung zum Schwangerschaftsabbruch äußern oder an einer entsprechenden Demonstration oder Mahnwache teilnehmen wollen.

Das Gesetz bringt die sich gegenüberstehenden Rechte in ein Gleichgewicht. Meinungsäußerungen und Demonstrationen vor Beratungsstellen und Abbruchseinrichtungen werden daher nicht generell verboten. Vielmehr verbietet das Gesetz einzelne belästigende Verhaltensweisen gegenüber der Schwangeren.

2. Was ist mit einer Gehsteigbelästigung gemeint?

Verbotene Gehsteigbelästigungen gegenüber Schwangeren können sehr unterschiedlich aussehen:

  • Behindern des Betretens/Verlassens: Jemand erschwert einer Schwangeren durch ein Hindernis das Betreten oder das Verlassen einer Beratungsstelle oder das Betreten einer Einrichtung, die Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Das kann zum Bei-spiel der Fall sein, wenn ein Informationsstand direkt vor dem Eingang einer Beratungsstelle aufgebaut wird, gerade um eine Schwangere zu einem Umweg zu zwingen. Bauarbeiten oder ein unbewusstes Im-Weg-Stehen sind nicht verboten, da sie nicht das Ziel haben, die Schwangere zu behindern.
     
  • Aufdrängen einer Meinung: Jemand spricht eine Schwangere an und drängt ihr eine Meinung zu ihrer Entscheidung über den Schwangerschaftsabbruch auf, obwohl die Schwangere daran kein Interesse hat. Es ist zwar erlaubt, eine Meinung zum Schwangerschaftsabbruch zu äußern. Nicht zulässig ist es aber, der Schwangeren in dieser Situation bewusst eine Meinung aufzudrängen, ohne dass sie die Möglichkeit hat auszuweichen. Ihr Weg darf also nicht zum sogenannten "Spießrutenlauf" werden. 
     
  • Hartnäckiges Bedrängen: Eine Schwangere wird hartnäckig bedrängt, indem ihr zum Beispiel mehrfach der Weg abgeschnitten oder sie wiederholt gestört wird, so dass sie sich nicht mehr frei bewegen kann oder ihren Willen nicht mehr frei ausüben kann. Ein Bedrängen kann auch dadurch geschehen, dass die Schwangere von mehreren Personen umzingelt wird.
     
  • Einschüchtern: Eine Schwangere wird eingeschüchtert, indem jemand Angst oder Schrecken bei ihr auslöst. Das führt dazu, dass die Schwangere so unter Druck gesetzt wird, dass sie ihre Entscheidung nicht mehr frei treffen kann. Eine solche Einschüchterung kann auch aus einiger Entfernung passieren, zum Beispiel indem eine bedrückende Kulisse vor einer Beratungsstelle geschaffen wird.
     
  • Erheblich unter Druck setzen: Auch andere Handlungen, die ähnlich wie das "Bedrängen“ oder "Einschüchtern" die Schwangere stark unter Druck setzen, sind untersagt.
     
  • Zeigen von unwahren oder emotional belastenden Inhalten: Jemand zeigt einer Schwangeren Inhalte zu Schwangerschaft oder zum Schwangerschaftsabbruch, die entweder falsch sind oder offensichtlich heftige Gefühle wie beispielsweise Furcht, Ekel, Scham oder Schuldgefühle auslösen können. Das können zum Beispiel brutale Fotos oder Videos von Schwangerschaftsabbrüchen oder Bilder von toten oder blutigen Föten oder Babys sein.

 

Auch bestimmte Verhaltensweisen gegenüber dem Personal von Beratungsstellen oder medizinischen Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, können eine verbotene Gehsteigbelästigung darstellen:
 

  • Störung der Beratung: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Schwangere beraten, werden in ihrer Tätigkeit bewusst und erheblich gestört, zum Beispiel durch lautstarke Rufe oder sichtbare Ablenkungen. Es reicht aus, wenn die Beratung dadurch erschwert, aber nicht verhindert wird.
     
  • Behinderung bei der Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen: Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter von Arztpraxen oder Krankenhäusern werden bei Tätigkeiten wie einem ärztlichen Beratungsgespräch über einen Schwangerschaftsabbruch, der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs oder bei der Nachbehandlung bewusst behindert.

3. Wo gilt das Verbot von Gehsteigbelästigungen?

Für alle Verhaltensweisen gilt: Sie stellen nur verbotene Gehsteigbelästigungen dar, wenn sie in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich von Beratungsstellen oder von Arztpraxen oder Krankenhäusern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, geschieht. Außerdem muss die Belästigung für die Betroffenen in diesem Bereich wahrnehmbar sein - also zum Beispiel sichtbar oder hörbar.

4. Welche Behörde ist dafür zuständig, Betroffene vor Gehsteigbelästigungen zu schützen?

Das Verbot der Gehsteigbelästigungen gilt in allen Bundesländern. Die Bundesländer legen fest, welche Behörden sich um die Durchsetzung des Verbots kümmern. In der Regel sind die Polizei oder das Ordnungsamt hierfür zuständig. 

5. Wie können die Behörden gegen Gehsteigbelästigungen vorgehen?

Die Behörden können unmittelbar vor Ort Mittel ergreifen. Die Polizei kann zum Beispiel einen Platzverweis erteilen, also anordnen, dass eine Person sich für eine gewisse Zeit von dem Bereich um die Beratungsstelle, Arztpraxis oder das Krankenhaus entfernen muss, um eine Gehsteigbelästigung zu stoppen. Wenn die Gefahr besteht, dass eine Person durch ihr Verhalten gegen das Verbot verstoßen wird, kann sie tätig werden. Sie muss also nicht abwarten, bis die Gehsteigbelästigung eingetreten ist, sondern kann einen Verstoß bereits vorher abwenden. Wer gegen das Verbot der Gehsteigbelästigung verstößt, kann ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro erhalten. Bei geringen Verstößen kann die Behörde entscheiden, ob sie lediglich eine Verwarnung ausspricht - mit oder ohne Auferlegung eines Verwarngeldes.

6. Was kann ich tun, wenn ich von Gehsteigbelästigungen betroffen bin oder eine Gehsteigbelästigung beobachte?

Wer eine verbotene Gehsteigbelästigung beobachtet oder hiervon betroffen ist, sollte sich bei der Polizei oder dem Ordnungsamt vor Ort melden. Auch wenn man im Voraus erfährt, dass Aktionen geplant sind, die unter das Verbot fallen könnten, kann die Polizei oder das Ordnungsamt informiert werden. Man muss also nicht abwarten, bis die Belästigung tatsächlich erfolgt, um sich an die Polizei oder das Ordnungsamt zu wenden. Wichtig ist es, den Vorfall gegenüber der Behörde genau zu beschreiben und zu erklären, weshalb hier eine verbotene Gehsteigbelästigung bestehen könnte. Betroffene können die Behörde auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Verhalten unter das Verbot von Gehsteigbelästigungen fallen könnte.

7. Besteht durch das neue Gesetz eine "Bannmeile" für Demonstrationen und Mahnwachen rund um Beratungsstellen und medizinische Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen?

Eine Bannmeile von 100 Metern um Beratungsstellen, Arztpraxen oder Krankenhäuser besteht nicht, denn nicht jede Demonstration oder Mahnwache stellt eine verbotene Gehsteigbelästigung dar. 

8. Können Behörden Demonstrationen und Mahnwachen aufgrund drohender Gehsteigbelästigungen verbieten?

Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass bei einer geplanten Demonstration oder Mahnwache mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen das Verbot von Gehsteigbelästigungen verstoßen wird, kann sie verschiedene Maßnahmen ergreifen, um die Rechte der Schwangeren zu schützen. Sie kann den Demonstrierenden zum Beispiel Auflagen erteilen, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen. Welche Maßnahmen ergriffen werden, hat die Behörde in jedem einzelnen Fall zu entscheiden und dabei alle Umstände zu berücksichtigen - also sowohl die Rechte der Schwangeren als auch die Rechte der Demonstrierenden.

9. Wo genau finde ich die gesetzlichen Regelungen zum Verbot von Gehsteigbelästigungen und seit wann gelten sie?

Das Verbot von Gehsteigbelästigungen ist im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) geregelt. Es gilt seit dem 13. November 2024.

Das Verbot von Gehsteigbelästigungen gegenüber Schwangeren ist in § 8 Absatz 2 und § 13 Absatz 3 SchKG geregelt. Die Behinderung des Personals ist nach § 8 Absatz 3 und § 13 Absatz 4 SchKG untersagt. Dabei bezieht sich § 8 jeweils auf anerkannte Beratungsstellen und § 13 auf medizinische Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen.