Am 1. Oktober traf sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus mit Vertreterinnen und Vertretern des jüdisch-muslimischen Bildungswerks Maimonides in Ingelheim am Rhein, um sich vor Ort über die präventiv-pädagogische Arbeit gegen Antisemitismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit im Projekt "Couragiert" zu informieren.
Im Bildungswerk arbeiten Jüdinnen und Juden, Musliminnen und Muslime gemeinsam daran, den jüdisch-muslimischen Dialog zu stärken und Vorbehalte sowohl auf muslimischer als auch auf jüdischer Seite abzubauen. Gleichzeitig soll ein Beitrag zum Abbau von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in der Gesamtgesellschaft geleistet werden.
Lisa Paus: "Die Arbeit gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus ist nach dem 7. Oktober 2023 eine noch größere Herausforderung als zuvor. Wir müssen Wege finden, gemeinsam gegen Diskriminierung jeder Art vorzugehen! Bei all dem Leid auf allen Seiten machen mir Organisationen wie das jüdisch-muslimische Bildungswerk Maimonides Hoffnung. Ich bedanke mich von Herzen für ihr Engagement, mit dem sie zu mehr Verständnis zwischen den Communities und darüber hinaus zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen."
Nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die Zahl antisemitischer, aber auch antimuslimischer Vorfälle massiv angestiegen. Dies hat nochmal den akuten Bedarf an guter politischer und präventiv-pädagogischer Bildungsarbeit deutlich gemacht.
Der Besuch ist Teil einer Reihe von Treffen der Bundesfamilienministerin mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich gegen Antisemitismus sowie Islam- und Muslimfeindlichkeit engagieren.
Antisemitismus und Rassismus haben im Sport keinen Platz
Den Auftakt der Terminreihe zur Antisemitismusprävention bildete am 14. November 2023 ein Gespräch zwischen Lisa Paus und dem Präsidenten des Dachverbandes jüdischer Sportvereine MAKKABI-Deutschland, Alon Meyer. Dabei ging es auch um das Projekt 'Zusammen1', dessen Träger MAKKABI-Deutschland e.V. ist.
Das Projekt wird durch das Bundesprogramm 'Demokratie leben!' gefördert und in Kooperation mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Deutschen Fußballbund (DFB) umgesetzt. Ziel ist es, insbesondere Fußballerinnen und Fußballer, aber auch Trainerinnen und Trainer sowie Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter für Antisemitismus und Rassismus im Sport zu sensibilisieren und im Umgang mit diskriminierendem Verhalten zu schulen. Für seine erfolgreiche Arbeit gegen Antisemitismus im Sport wurde 'Zusammen1' am 13. November 2023 mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB ausgezeichnet.
Lisa Paus: "Ich bin sehr froh, dass wir im Rahmen des Bundesprogramms 'Demokratie leben!' so erfolgreiche Projekte, wie das Projekt 'Zusammen1' von MAKKABI-Deutschland, unterstützen können. Gerade im Sport zeigen sich immer wieder Antisemitismus, aber auch Rassismus sowie andere Formen der Diskriminierung besonders deutlich. Gleichzeitig bieten sich aber gerade auch im Sport besondere Möglichkeiten, gemeinsamen dagegen vorzugehen - wie das Projekt 'Zusammen1' eindrucksvoll belegt."
Alon Meyer: "Wir sind stolz, nach nur vier Jahren mit dem Erhalt des ELNET-Awards sowie des Julius-Hirsch-Preises des DFB hochrangige und renommierte Anerkennungen und somit Bestätigung unserer Arbeit bekommen zu haben. Gerade in diesen Tagen spüren wir mehr denn je, wie wichtig es ist, über den Sport Menschen jeglichen Hintergrundes zu erreichen und seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit mit dem Bundesfamilienministerium auch künftig weiter intensiviert und ausgebaut werden kann."
Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus
Am 15. November 2023 hat die Bundesfamilienministerin ihre geplanten Treffen mit Initiativen zur Antisemitismusprävention fortgesetzt. Auf der Konferenz "Holocaust Distortion and Counter Strategies" der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) und des United States Holocaust Memorial Museum hielt sie eine Rede, um zu verdeutlichen, das Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben darf. Dabei betonte sie auch, dass das geplante Demokratiefördergesetz ein wichtiges Instrument sei, um das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Antisemitismus weiter zu stärken.
Lisa Paus: "Es ist hervorragend, dass die internationale Kooperation zwischen der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus und dem United States Holocaust Memorial Museum weiterhin Früchte trägt. Gerade in Zeiten wie diesen ist die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit gegen Antisemitismus wichtiger denn je. Als Teil des Kompetenznetzwerks Antisemitismus leistet die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus gerade auch mit Blick auf die Migrationsgesellschaft wichtige Arbeit.
Dies zeigt: Auf die Förderung des Kompetenznetzwerks und der vielen weiteren Maßnahmen auf kommunaler, regionaler und bundesweiter Ebene im Rahmen des Programms 'Demokratie leben!' kommt es an. Es ist daher wichtig, dass Demokratiefördergesetz zügig zu verabschieden. Es wird dringend gebraucht. Damit können wir auch zukünftig die Arbeit gegen Antisemitismus stärken."
Mit Schülerinnen und Schüler über den Nahostkonflikt sprechen
Am 18. Dezember 2023 informierte sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus in einem Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern des Vereins ufuq.de sowie den Initiatorinnen und Initiatoren des Trialoge-Projekts über die Auswirkungen des Nahostkonflikts an Schulen. Im Mittelpunkt standen mögliche Präventionsbedarfe insbesondere im Hinblick auf islamistischen Antisemitismus, aber auch Islam- und Muslimfeindlichkeit.
Lisa Paus traf in Berlin die Geschäftsführung des Vereins ufuq.de, Canan Korucu und Dr. Jochen Müller. Ufuq.de ist als Teil des Kompetenznetzwerks "Islamistischer Extremismus" (KN:IX) ein langjährig erfahrener außerschulischer Bildungsträger mit dem Schwerpunkt Prävention von islamistischem Extremismus. Der Verein wird im Rahmen des Programms "Demokratie leben!" vom Bundesfamilienministerium gefördert.
An dem Gespräch nahmen auch Jouanna Hassoun, Geschäftsführerin von Transaidency e.V. und Shai Hoffmann, Geschäftsführer von Gesellschaft im Wandel gUG, teil, die gemeinsam das innovative Format "Trialoge" entwickelt haben. Dabei handelt es sich um eine multiperspektivische Diskussion im Klassenzimmer über den Nahostkonflikt. Jouanna Hassoun, die palästinensische Wurzeln hat, und Shai Hoffmann, der israelische Wurzeln hat, besuchen Schulklassen, um mit den Jugendlichen über die aktuelle Situation zu sprechen. Ziel ist es, durch persönliche Bezüge und Perspektiven den Blick der Schülerinnen und Schüler zu erweitern und Empathie zu schaffen.
Lisa Paus: "Der Nahostkonflikt stellt Schulen und Lehrkräfte in Deutschland vor große Herausforderungen. Deshalb ist es wichtig, dass wir im Rahmen des Bundesprogramms 'Demokratie leben!' die Präventionsarbeit, wie sie ufuq.de im Kompetenznetzwerk 'Islamistischer Extremismus' leistet, fördern. Mit den Angeboten erhalten Schulleitungen, Lehrkräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie pädagogische Fachkräfte nicht nur Beratung, sondern auch ganz praktische Unterstützung - zum Beispiel in Form von Arbeitshilfen. So lernen die Fachkräfte, die Komplexität des Nahostkonflikts besprechbar zu machen. Gleichzeitig wird ihre Handlungssicherheit im Umgang mit Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit gestärkt."
Projekt soll Stereotypen entgegenwirken
Am 25. Januar traf Lisa Paus den Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, und den Projektleiter Marat Schlafstein, um über das Projekt "Meet a Jew" zu sprechen. Das Projekt wird vom Zentralrat der Juden umgesetzt und im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" gefördert. Im Mittelpunkt des Treffens standen die Herausforderungen, denen sich das Projekt seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem anschließenden Krieg im Gazastreifen stellen muss, sowie die aktuellen Bedürfnisse.
Das Projekt "Meet a Jew", für das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schirmherrschaft übernommen hat, will sich den oft stereotypen Vorstellungen von "den Juden" entgegenstellen und schafft Begegnungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Menschen. Für die Umsetzung des Projekts werden junge Jüdinnen und Juden im Alter zwischen 14 und 20 Jahren für Begegnungen, zum Beispiel im Kontext Schule, in Sportvereinen oder auch Willkommens-Klassen ausgebildet und durch Fortbildungen und Gesprächsformate in ihrer Arbeit begleitet. Im Vordergrund der Begegnungen steht nicht in erster Linie die Geschichte, sondern vor allem der Alltag von Jüdinnen und Juden. Allein 2023 fanden 690 Begegnungen statt. 2021 erhielt "Meet a Jew" den Deutschen Engagementpreis und 2022 die Hermann-Maas-Medaille, die Initiativen auszeichnet, die sich um Verständigung und Versöhnung zwischen den Religionen bemühen.
Lisa Paus: "Ich bin tief beeindruckt vom Engagement der jungen Jüdinnen und Juden, die sich mit Gleichaltrigen treffen, in persönlichen Gesprächen aus ihrem Alltag erzählen und ihr ganz eigenes Judentum zeigen. Damit geben sie Einblicke in das vielfältige jüdische Leben in Deutschland heute. Es ist wunderbar zu hören, welche Begeisterung und welche Neugier bei diesen Treffen entsteht. Der Titel 'Meet a Jew' drückt dabei für mich eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit jüdischem Leben aus, die sehr wohltuend und sinnstiftend ist. Nach den schrecklichen Ereignissen des 7. Oktober 2023 ist dieser Austausch noch einmal um vieles wichtiger geworden. Ich freue mich, dass mein Ministerium über das Bundesprogramm 'Demokratie leben!' diese wichtige Arbeit unterstützen kann."
Antisemitismus in der außerschulischen Jugendbildung thematisieren
Am 7. Februar besuchte Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Jugendbildungsstätte Kaubstraße in Berlin, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Themen Antisemitismus und Krieg im Gazastreifen in der außerschulischen politischen Jugendbildung bearbeitet werden. Dabei konnte sich Lisa Paus mit einer Gruppe junger Menschen austauschen, die im Rahmen ihres Freiwilligendienstes an einem fünftägigen Seminar in der Jugendbildungsstätte teilnahmen.
Jenseits von Lehrplänen und Noten trägt die Jugendbildungsstätte Kaubstraße mit ihren Bildungsseminaren dazu bei, dass junge Menschen komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge kritisch hinterfragen und besser verstehen. Damit unterstützt sie die Entwicklung junger Menschen zu selbstbestimmten, demokratisch handelnden Bürgerinnen und Bürgern. Das Bundesfamilienministerium fördert über den Kinder- und Jugendplan des Bundes die bundeszentralen Träger der politischen Jugendbildung und die ihnen angeschlossenen Einrichtungen.
Antisemitismus auf der Straße und im Netz nimmt zu
Am 16. Februar fand ein Gespräch zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Organisationen für das jüdische Leben in Deutschland sowie Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Antisemitismusprävention statt. Hintergrund ist die steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel sowie der wachsende Zuspruch für Strömungen, die die demokratischen Grund- und Freiheitsrechte in Frage stellen.
Lisa Paus: "Antisemitische Einstellungen nehmen wieder zu in Deutschland, wie mir meine heutigen Gesprächspartner eindrücklich geschildert haben. Jüdinnen und Juden müssen sich in unserem gemeinsamen Land wieder jederzeit sicher fühlen können. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Ich danke allen zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich mit großer Expertise und oft unter schwierigen Bedingungen gegen Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit engagieren. Die Bundesregierung steht fest an ihrer Seite: Sie setzt sich an vielen Stellen entschieden gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen ein. Im Rahmen des Bundesprogramm 'Demokratie leben!' unterstützt mein Ministerium unter anderem das Kompetenznetzwerk gegen Antisemitismus. Ich habe mich dafür stark gemacht, dass das Netzwerk seine Arbeit in diesem Jahr noch einmal intensivieren kann und dafür eine Million Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung gestellt wird."
An dem Treffen nahmen unter anderem der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, der Leiter des Berliner Büros der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Günter Jek, Vertreterinnen und Vertreter des Kompetenznetzwerks gegen Antisemitismus (KOMPAS) sowie Vertreterinnen und Vertreter weiterer Projekte zur Antisemitismusprävention teil.
Daniel Botmann und Dr. Felix Klein schilderten eindrücklich, was die aktuellen Entwicklungen für Jüdinnen und Juden in Deutschland und weltweit bedeuten. Vertreterinnen und Vertreter von KOMPAS berichteten zudem, wie sich der 7. Oktober 2023 auf ihre Arbeit ausgewirkt hat.
Daniel Botmann: "Am 7. Oktober hat eine Retraumatisierung der jüdischen Gemeinschaft auch in Deutschland stattgefunden. Der psychische Terror gegen Juden setzt sich bis heute fort und nimmt zunehmend eine physische Dimension an. Die unmittelbarste Folge des 7.Oktober ist, dass Jüdinnen und Juden Angst haben müssen, als Juden erkannt zu werden oder sich öffentlich mit Israel zu solidarisieren. Jüdisches Leben ist daher weniger sichtbar geworden. Doch unabhängig, ob Juden sich zurückziehen oder selbstbewusst für ihre Rechte kämpfen, die Welle antisemitischer Gewalt steigt seit Monaten an und eskaliert nun auch auf offener Straße und für alle sichtbar."
Dr. Felix Klein: "Auch über vier Monate nach dem grausamen Massaker der Terrororganisation Hamas spüren Jüdinnen und Juden in Deutschland jeden Tag die Auswirkungen des seitdem immer stärker werdenden Antisemitismus. An der Universität, auf dem Sportplatz, in der U-Bahn oder beim Einkaufen: Jüdinnen und Juden beschleicht im Alltag ein mulmiges Gefühl, ob sie sicher sind. Viele haben geradezu Angst und das schrecklicherweise teils nicht zu Unrecht. Wir, Staat und Gesellschaft, dürfen nicht zulassen, dass sich diese Situation normalisiert. Wir müssen mit allen Kräften gegen Judenhass vorgehen und dafür sorgen, dass sichtbares, selbstbewusstes jüdisches Leben ein selbstverständlicher Teil unseres Landes ist."
Kompetenznetzwerk Antisemitismus: "Die terroristischen Angriffe vom 7. Oktober 2023 waren von einem starken Anstieg antisemitischer Vorfälle begleitet. Die letzten Monate waren auch von einer massiven Zunahme antisemitischer Hetze im Netz geprägt - mit direkten negativen Auswirkungen auf die Sicherheit von Jüdinnen und Juden und das Zusammenleben in der Gesellschaft. Für die Partner im Kompetenznetzwerk Antisemitismus bedeutete diese Entwicklung einen sprunghaft steigenden Anstieg sowohl im Erfassen und Bewerten der Vorfälle als auch an Anfragen im Bereich der Bildung und Beratung. Insbesondere in solchen Krisenzeiten wird deutlich, dass es starke zivilgesellschaftliche Netzwerke braucht. Das Kompetenznetzwerk Antisemitismus kann hier auf eine bereits vier Jahre dauernde enge Zusammenarbeit anknüpfen. Konzepte für die Auseinandersetzung mit Antisemitismus im pädagogischen Kontext liegen vor. Intervention jetzt ist wichtig, aber nachhaltige antisemitismuskritische Erfassung, Bildung und Beratung müssen langfristig angelegt sein."
Engagement auch vonseiten der Politik aufrechterhalten
Bereits kurz nach dem Angriff auf Israel hatte sich Lisa Paus mit dem Kompetenznetzwerk gegen Antisemitismus (KOMPAS) getroffen und dort erfahren, dass sich die Anfragen an die zivilgesellschaftlichen Träger der Antisemitismusprävention vervielfacht haben. Weitere Treffen mit zivilgesellschaftlichen Trägern der Antisemitismusprävention werden folgen. Dabei wird es wichtig sein, das derzeit große Engagement gegen Antisemitismus auch vonseiten der Politik aufrechtzuerhalten und zur dauerhaften Aufgabe zu machen.