Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer. In Deutschland liegt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 16 Prozent. Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent. Ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.
Maßnahmen der Bundesregierung
Um der Lohnlücke entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht. Von der Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns profitieren mehrheitlich Frauen in niedrig entlohnten Dienstleistungsbereichen und in geringfügiger Beschäftigung. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung, dem Elterngeld und dem ElterngeldPlus sowie mit der Verbesserung der Familienpflegezeit werden Anreize für weniger und kürzere familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und eine rasche Rückkehr in den Beruf geschaffen.
Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst hat eine Geschlechterquote in Aufsichtsräten eingeführt und verpflichtet große Unternehmen zu verbindlichen Zielgrößen. Dies wird Unternehmenskulturen nachhaltig verändern.
Entgelttransparenzgesetz
Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, das seit dem 6. Juli 2017 in Kraft ist. Ziel ist es, das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" in der Praxis stärker durchzusetzen. Dafür umfasst das Gesetz folgende Bausteine:
- Individueller Auskunftsanspruch: Arbeitgebende mit mehr als 200 Beschäftigten müssen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden.
- Betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit: Private Arbeitgebende mit mehr als 500 Beschäftigten sind aufgefordert, regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit zu überprüfen.
- Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit: Arbeitgebende mit mehr als 500 Beschäftigten, die lageberichtspflichtig sind, müssen zudem regelmäßig über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten. Diese Berichte sind für alle einsehbar.
Die Verpflichtung, beim Lohn nicht zu diskriminieren und erwiesene geschlechtsbezogene Diskriminierung zu beseitigen, gilt für alle Unternehmen und Arbeitgebenden in Deutschland. Durch die transparente Aufnahme und Definition des Gebotes der Entgeltgleichheit für gleiche und gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern in einem eigenen Gesetz wird diese Verantwortung explizit festgeschrieben.
Ursachen der Lohnlücke
Die Gründe für die Lohnlücke sind vielschichtig: Frauen wählen andere Berufe als Männer. Sie arbeiten häufiger in sozialen oder personennahen Dienstleistungen, die schlechter bezahlt werden als beispielsweise technische Berufe. Insbesondere die (längere) familienbedingte Erwerbsunterbrechung und der anschließende Wiedereinstieg in Teilzeit und Minijobs sind ein Grund: 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit. Knapp 62 Prozent aller sogenannten Minijobs werden von Frauen ausgeübt.
Zudem haben Frauen noch immer schlechtere Karrierechancen: Frauen sind in Führungspositionen, besonders in Spitzenpositionen, unterrepräsentiert. Führungspositionen werden kaum in Teilzeit besetzt. Auch Rollenstereotype und geschlechtsspezifische Zuschreibungen wirken bei der Arbeitsbewertung, Leistungsfeststellung oder Stellenbesetzung noch immer nach und können zu zumeist indirekter Benachteiligung und mittelbarer Diskriminierung führen.
Evaluation und Weiterentwicklung
Das Entgelttransparenzgesetz wurde im Sommer 2023 zum zweiten Mal im Hinblick auf seine Wirksamkeit evaluiert. Konkret zeigt die Evaluation, dass das Gesetz und seine Instrumente bei den Beschäftigten nach wie vor nicht ausreichend bekannt sind. Den individuellen Anspruch auf Auskunft nutzen Beschäftigte noch immer eher zurückhaltend. Nur wenige Unternehmen überprüfen ihre Entgeltstrukturen freiwillig. Weniger Unternehmen als erwartet veröffentlichen Berichte zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit. Das Bundesfrauenministerium wird die Handlungsempfehlungen auswerten. Die Handlungsempfehlungen sind eine wichtige Grundlage, um das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln und seine Wirksamkeit für die Schließung der Lohnlücke zu erhöhen.
Die anstehende Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes wird auch die im Juni 2023 in Kraft getretene EU-Entgelttransparenzrichtlinie berücksichtigen. Die Richtlinie ist bis Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen. Sie sieht verpflichtende Transparenzmaßnahmen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vor und stärkt die Rechte der Beschäftigten zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots.