Queerpolitik und geschlechtliche Vielfalt Fragen und Antworten zum Aktionsplan "Queer leben"

Was ist der Aktionsplan "Queer leben"?

Die Bundesregierung hat den Aktionsplan "Queer leben" am 18. November 2022 beschlossen. Er ist ein Meilenstein, um die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen (LSBTIQ*) voranzubringen. Das Ziel ist es, Diskriminierung und Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, die Gleichstellung voranzubringen und die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu fördern. Der Aktionsplan umfasst ein Maßnahmenpaket in sechs Handlungsfeldern: Rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung der Beratungs- und Communitystrukturen und Internationales. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter), Sven Lehmann, hat die Erstellung des Aktionsplans, den Beteiligungsprozess und die Umsetzung der queerpolitischen Vorhaben koordiniert.

Warum hat die Bundesregierung den Umsetzungsbericht jetzt beschlossen?

Im Aktionsplan "Queer leben" ist festgehalten, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag und Bundesrat im Jahr 2024 über die Umsetzung des Aktionsplans informieren wird (siehe Kapitel 7 "Konkretisierung, Priorisierung und Umsetzung - weiteres Vorgehen").

Wie viele Maßnahmen wurden mit dem Aktionsplan umgesetzt?

Der Aktionsplan umfasst insgesamt 134 Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern: rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen sowie Internationales. Der nun von der Bundesregierung vorgelegte Bericht zum Umsetzungsstand des Aktionsplans "Queer leben" zeigt die Fortschritte zwei Jahre nach Verabschiedung auf. Aus dem Bericht geht hervor, dass 83 der 134 Maßnahmen bereits umgesetzt wurden oder sich in Umsetzung befinden.

Was wurde erreicht?

Die Bundesregierung hat in den letzten zwei Jahren zentrale Gesetzesvorhaben und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lage von LSBITQ* in Deutschland auf den Weg gebracht. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Abschaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) durch das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG). Das SBGG ist am 1. November 2024 in Kraft getreten. Es stellt die rechtliche Anerkennung von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen auf eine gänzlich neue Grundlage. Mit dem SBGG wird es ihnen ermöglicht, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern - ohne psychiatrische Gutachten, ärztliche Atteste und Gerichtsverfahren, wie sie das in wesentlichen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) vorsah, das damit nach über vierzig Jahren abgeschafft wird. Dies ist für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen ein menschenrechtspolitischer Meilenstein. 

Wie im Aktionsplan vorgesehen, hat die Bundesregierung "geschlechtsspezifische" sowie "gegen die sexuelle Orientierung gerichtete" Tatmotive als weitere Beispiele für menschenverachtende Beweggründe und Ziele ausdrücklich in die Liste der nach § 46 Absatz 2 Satz 2 StGB bei der Strafzumessung besonders zu berücksichtigenden Umstände aufgenommen und dazu ein Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts vorgelegt, das insoweit am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten ist. 

Zudem wurde das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, sowie für trans* Personen abgeschafft. § 12 a Transfusionsgesetz (TFG) regelt nunmehr, dass das durch das Sexualverhalten bedingte Risiko, das zu einem Ausschluss oder einer Rückstellung von der Blutspende führt, nur auf Grundlage des jeweiligen individuellen Sexualverhaltens der spendewilligen Person ermittelt wird. Die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität der spendewilligen Person oder ihrer Sexualkontakte stellen als solche keine Ausschluss- oder Rückstellungskriterien mehr dar. Diskriminierungen bei der Blutspende werden durch die gesetzliche Änderung somit vermieden. Die Gesetzesänderung ist im Mai 2023 in Kraft getreten. Die Spenderauswahlkriterien wurden in der Richtlinie Hämotherapie entsprechend angepasst. Die Auswirkungen der Regelung werden bis zum 1. Oktober 2025 evaluiert.

Was heißt "Beteiligungsprozess" im Rahmen des Aktionsplans, wie ist dieser abgelaufen und was wurde dadurch erreicht?

Begleitend zur Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan "Queer leben" in den zuständigen Bundesressorts fand ebenfalls ein breiter Beteiligungsprozess statt. Über einen Zeitraum von fünfzehn Monaten haben über 200 Personen aus Bundesressorts, Bundesländern und zivilgesellschaftlichen Verbänden und Organisationen in 14 thematischen Arbeitsgruppen gearbeitet. Im Rahmen des Berichtes wird auf diesen breit angelegten ressortübergreifenden Beteiligungsprozess mit der Zivilgesellschaft zur Ausgestaltung der Maßnahmen des Aktionsplans eingegangen. Die Zusammenarbeit von LSBTIQ*-Zivilgesellschaft, den Bundesländern und den Bundesministerien im Beteiligungsprozess des Aktionsplans "Queer leben" soll ein Anstoß sein, um nachhaltige Strukturen des Austauschs zu etablieren, die Akzeptanz und den Schutz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland umfassend zu sichern und die Lebensbedingungen queerer Menschen weiter zu verbessern. Der Aktionsplan hat dazu in den letzten zwei Jahren einen wichtigen Beitrag geleistet.

Welche Bundesministerien haben Maßnahmen umgesetzt?

Folgende Institutionen haben Maßnahmen im Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt "Queer leben" umgesetzt: Das Bundesministerium für Wirtschaft and Klimaschutz, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Auswärtige Amt, des Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium für Arbeit
und Soziales, das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Bundesregierung sieht den Bedarf, die Akzeptanz und den Schutz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland umfassend zu sichern and die Lebensbedingungen queerer Menschen zu verbessern. Der Aktionsplan hat dazu in den letzten zwei Jahren einen wichtigen Beitrag geleistet und er bietet eine Richtschnur, um diesen Auftrag auch in den kommenden Jahren weiter zu verwirklichen. Zudem findet ab Januar 2025 durch das Bundesgleichstellungsministerium als prozessverantwortliches Ressort eine wissenschaftliche Evaluation des Beteiligungsprozesses mit der Zivilgesellschaft statt. Sie soll die Grundlage für eine Verstetigung des Aktionsplans "Queer leben" in der nächsten Legislaturperiode legen. Die Bundesregierung verpflichtet sich, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat hierzu erneut in zwei Jahren zu berichten.