Safer Internet Day 2024 Konfrontation mit Pornografie: Potenzielle Gefahren aus Sicht der BzKJ

42 % der 12- bis 14-Jährigen und 65 % der 15- bis 17-Jährigen der in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen sind laut der EU Kids Online-Studie von 2019 in den letzten zwölf Monaten mit sexuellen Darstellungen bei der digitalen Mediennutzung in Kontakt gekommen. Dieses Bild zeigt sich auch fortgeführt in internationalen Studien und Trendanalysen. Dabei liegt der Anteil an Jungen zu einem wesentlich höheren Prozentsatz über dem der Mädchen. Eine einfache Internetverbindung reicht aus, damit Kinder- und Jugendliche mit Pornografie in Berührung kommen.

Der in diesem Jahr am 6. Februar stattfindende Safer Internet Day (SID) ist ein weltweiter Aktionstag für mehr Sicherheit von Kindern und Jugendlichen im Internet. In Deutschland koordiniert die von der Europäischen Union geförderte Initiative klicksafe die nationalen Aktivitäten rund um den Aktionstag. In diesem Jahr zielt das bundesweite Thema auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen und die Aufklärung über Online-Pornografie, sexuelle Gewalt und digitale Grenzverletzungen.

Netzkommunikation von Minderjährigen kann Austausch pornografischer Darstellungen ungewollt fördern

Über digitale Kanäle und Internetangebote wie Messenger-Dienste oder Social-Media-Profile kommen Kinder und Jugendliche gewollt oder ungewollt mit pornografischen Darstellungen in Kontakt oder werden im Rahmen von Werbung für Prostitution auf einschlägige Angebote weitergeleitet. Auch suchen Kinder und Jugendliche im Internet nach sexualitätsbezogenen Erfahrungen und Orientierung.

Im Rahmen der Kommunikation über das Internet kann es dazu kommen, dass auch Kinder und Jugendliche pornografische Darstellungen erhalten oder versenden. Teilweise erstellen Minderjährige diese durch Aufnahme von entsprechenden Bildern oder Videos von sich selbst, aber auch von anderen. Diese Aufnahmen fallen dann abhängig vom Alter der dargestellten Personen unter Umständen in den Bereich der Kinder- oder Jugendpornografie. 

Kinder- und Jugendmedienschutz: Gefahren von Pornografie einordnen

Je nach individuellem Entwicklungsstand, Verständnisfähigkeit und Erfahrungshorizont sowie nach Inhalt und Gestaltung des pornografischen Materials, kann der Umgang mit derartigen Inhalten Kinder und Jugendliche informieren, anregen, erregen, belustigen, verunsichern, abstoßen oder nachhaltig beeinträchtigen und sie damit in ihrer Entwicklung gefährden. In bestimmten Situationen können auch Straftaten vorliegen.

Die BzKJ beschäftigt sich mit dem Thema Pornografie unter anderem auch im Hinblick auf pädagogische und psychologische Fragestellungen. Es geht darum, den Einfluss, den eine Konfrontation von Kindern und Jugendlichen mit pornografischem Material besitzt, richtig einzuordnen.

Realität versus Pornografie: Einfluss auf Jugendliche und ihre sexuelle Entwicklung

Mitentscheidend für die Wirkung von Pornografie ist, wie Jugendliche den Realitätsgehalt des Dargestellten einschätzen. Problematisch wird Pornografie insbesondere dann, wenn Jugendliche sexuelle Norm- und Verhaltensvorstellungen daraus ableiten und übernehmen, die dann die Erwartungshaltung an eine eigene sexuelle Erfahrung ungünstig bedienen. Das kann dazu führen, dass das in pornografischen Darstellungen präsentierte Geschlechtsrollenbild und die gezeigten Verhaltensweisen in die eigenen sexuellen Skripte übernommen werden und diese formen, auch wenn die Darstellungen nicht dem eigenen Erfahrungswert und biografisch formierten Bedürfnissen entsprechen.

Seit 2019 listet die BzKJ im Gefährdungsatlas systematisch Medienphänomene und bietet Orientierung, über mit ihnen verbundenen potenziellen Gefahren, für Kinder- und Jugendliche. Dargestellt werden in der aktuellen Auflage insgesamt 43 Medienphänomene. Der Gefährdungsatlas beschreibt darin auch die Vernetzung von Pornografie und Unsittlichkeit und damit verbundene Phänomene wie Cybergrooming, Cybersex, Darstellung von Kindern und Jugendlichen als Sexualobjekte sowie Sexting. Die Publikation steht zum kostenlosen Download auf der Internetseite der BzKJ zur Verfügung.

Indizierung bei jugendgefährdenden Medien

Innerhalb der BzKJ ist die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien für die Durchführung von Indizierungsverfahren  zuständig. Wird ein Medium von den Gremien der Prüfstelle als jugendgefährdend eingestuft, kommt es auf die Liste jugendgefährdender Medien, den sogenannten Index. Seit 2016 indizierte die Prüfstelle im Bereich Pornografie in 3.183 Fällen. Fallgruppen sind auf der BzKJ-Internetseite unter der Frage „Was wird indiziert?“ zu finden.

Indiziert wird, wenn das jeweilige Medium geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. Das hat umfassende Werbe- und Verbreitungsbeschränkungen gegenüber Kindern und Jugendlichen zur Folge.

Abwägungen beim Verfassungsgut Jugendschutz

Die Entscheidung über die Listenaufnahme erfolgt in gerichtsähnlichen Verfahren der Prüfstelle. Besetzt werden die Prüfgremien nach pluralistischen und interdisziplinären Gesichtspunkten. An dem Verfahren können die Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber der betroffenen Medien teilnehmen. Hierbei ist im Einzelfall stets das Verfassungsgut Jugendschutz mit den Grundrechten der Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber abzuwägen, wie beispielweise auch bei Abwägungen im Hinblick auf die Kunst- und Meinungsfreiheit.

Die Prüfstelle wird aber nicht von Amts wegen tätig, sondern handelt auf Antrag oder Anregung einer Stelle, die dazu besonders ermächtigt worden ist. Zu diesen Stellen zählen beispielsweise Behörden wie Jugendämter oder die Polizei, aber auch anerkannte Träger der freien Jugendhilfe wie beispielsweise die Caritas, das Deutsches Rote Kreuz sowie der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Ist hier der Kinder- und Jugendschutz gefragt? Medien aktiv melden

Über die vorgenannten Stellen können auch Eltern, Erziehungsberechtigte oder Jugendliche Medien melden, die nach ihrer Beobachtung kinder- und jugendgefährdend sind. Diese Stellen geben die Meldungen dann an die BzKJ bzw. die Prüfstelle weiter. Fragen dazu beantwortet die BzKJ gerne unter der E-Mail info@bzkj.bund.de.

Auch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) kann ein Indizierungsverfahren unmittelbar bei der BzKJ initiieren. Sie ist die zentrale Aufsichtsstelle über den privaten Rundfunk und das Internet und geht möglichen Verstößen in diesen Bereichen nach.

Weiterführende Beratungsangebote, Hilfe- und Meldemöglichkeiten zu sexueller Gewalt

Auswahl an Informationsmaterial bieten unter anderem:

klicksafe

  • https://www.klicksafe.de/

Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM):

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):

Elternratgeber SCHAU HIN! - Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF sowie der AOK – Die Gesundheitskasse:

JUUUPORT e.V. – Online-Beratung bei Cybermobbing und anderen Problemen im Netz:

#dontsendit - Präventionskampagne des Bundeskriminalamtes

Über die BzKJ

Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) setzt sich dafür ein, Kindern und Jugendlichen ein gutes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen. Dabei handelt sie im Auftrag des Jugendschutzgesetzes (JuSchG). Zu ihren Aufgaben gehören die Indizierung von jugendgefährdenden Medien und die Überwachung systemischer Vorsorgemaßnahmen (wie z. B. sichere Voreinstellungen, Melde- und Abhilfeverfahren etc.) von Medienanbietern. Zudem vernetzt sie alle im Kinder- und Jugendmedienschutz wichtigen Akteurinnen und Akteure, fördert die kontinuierliche Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes und ermöglicht Eltern, Fachkräften, Kindern und Jugendlichen Orientierung für eine möglichst sichere Mediennutzung.